Der Morsesender und Empfänger

Hier gibt es Fachwissen auch ohne Experimentierkästen

Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon morric1 » 18. Mär 2013, 18:48

Unlängst habe ich in einer Auktion einen EE2040 ersteigert. Dieser kleinste Kasten von Philips für Elektronikexperimente hat mich als „klassischem“ Systemwechsler (EE2003 als 10jähriger; Wechsel auf Kosmos E200 mit 14, und wegen dem genialen Stecksystem dabei geblieben; später dann doch noch interessehalber den einen oder anderen Philips-Kasten erworben…) wieder dazu bewogen, eine kleine Schaltung mit dem Philips-System aufzubauen.

Nach Abwägung mit den mir zur Verfügung stehenden Materialen habe ich mich für Schaltung 2.08 aus dem EE2005 entschieden: Morsesender und Empfänger. Da der Nukleus aber der EE2040 sein sollte, habe ich die Schaltung (diese ist im Handbuch zum EE2004 ausführlich beschrieben; dieses ist im Netz dank einiger Philips-Fans verfügbar) entsprechend adaptiert:

- Aufbau auf der kleinen Bauplatte des EE2040
- Betriebsspannung von 4.5V (dafür musste lediglich der 10k Ohm R5 durch 4.7k Ohm ersetzt werden)
- Verwendung des Birnchens (als Kontrollanzeige für den Sender; durch einen 12Ohm Widerstand gedimmt), des Tasters und des blauen pnp-Transistors (statt einem 2. npn wie im Original)
- Weglassen des Potis (wurde ersetzt durch einen festen 1k Widerstand)
- Swap des Philips 150-Ohm Lautsprecher wurde durch eine 100-Ohm Hörkapsel aus einem Kosmos „Telefon & Co“

Zur Schaltung:

- man sieht’s der Schaltung auf den ersten Blick nicht an, aber der Sender (der Teil über die ersten 5 Reihen links im Bild) ist vom Empfänger entkoppelt: das Signal wird rein via elektromagnetische Wellen vom Trafo (das grüne Bauteil über dem weißen Transistor) auf die Empfängerspule auf dem Ferritstab übertragen
- der Pluspol ist im Foto nicht angeschlossen: das rote Kabel ganz rechts kommt zum Einschalten an die Klemme gleich daneben
- das Lämpchen hängt rechts nicht „in der Luft“; die Leitung ist hier „unterirdisch“ bis zur Klemme in gleicher Höhe neben der Batterie verlegt

Folgende Upgrades sind sich noch ausgegangen:

- der Ferritstab mit der Empfängerspule wurde so montiert, dass er durch Aufzwirbeln der roten Haltedrähte frei im Raum bewegt werden kann (soweit es die ebenfalls roten Anschlüsse von der Länge erlauben)
- der Schalter rechts unten schaltet die Empfängerspule zu bzw. ab

Fazit:

- das Morsegerät funktioniert tadellos
- als Bonus: der Empfangsteil ist empfindlich genug, dass auch Störwellen von alten Röhren-TV-Geräten, elektrischen Zahnbürsten beim Aufladen oder - wenn man die Empfangsspule nahe genug bringt - Stromnetzleitungen unter Last unter deutlichem Summen hörbar werden :D

lg
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon buedes » 19. Mär 2013, 14:57

Hallo M,

auf den ersten Blick habe ich auch nicht bemerkt, dass du auf der gleichen Platine gleich Sender und Empfänger nebeneinander montiert hast. Das ist natürlich Platz sparend! :lol_1:
Andererseits wäre es aber auch interessant, herauszufinden, wie groß die Reichweite dieses einfachen Funksystems ist.

Aber gut gemacht! Ich bin ja auch ein Fan davon, möglichst kreativ mit den vorhandenen Mitteln umzugehen. Auch mein Antrieb ist es oft, Erinnerungen an die Jugendzeit durch Nachstellen damaliger Experimente wieder wach werden zu lassen. Aber was dabei herauskommt ist meistens etwas ganz anderes, etwas was darüber hinausgeht.

Gruß, Horst
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon Bambini » 19. Mär 2013, 23:21

Hallo!
Tolle Idee, sieht Klasse aus! Ich habe auch einen EE2040 der noch original Verschweisst ist. Mir ist aufgefallen dass da ein BC158 Transistor dabei ist
welcher auch tatsächlich einer ist. In anderen Kästen z.B. im EE2007 steht in den Unterlagen der gleiche Typ drin, doch in Tat und Wahrheit ist immer ein BC558 beigelegt. Dies nur so am Rande erwähnt...
Grüsse, Beat
Bambini
 
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon morric1 » 22. Mär 2013, 22:06

Morsesender_02.jpg
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Hallo Horst, Grüezi Beat,

danke für euer Feedback :D

zum Transistor: Ja, das ist hier noch ein originaler BC158 (in der typischen klobigen Form).

zur Empfängerspule: Mich hat die Reichweite auch interessiert. Anders als die originale Philips-Schaltung habe ich daher den kompletten LC-Kreis für den Empfang so auf den Ferritstab montiert, dass sich dieser durch Aufdröseln der beiden roten Haltedrähte (vorne und hinten um die schwarzen Gummihalterungen; s. auch das Foto) frei im Raum bewegen lässt. Habe ich mir von Philips abgeschaut (Peilsender für Fernsehsender 7.03) ;-)
Ergebnis: Bis ca. 10cm Entfernung zwischen Trafo und Spule ist das Morsesignal gut hörbar; darüber hinaus sinkt die Lautstärke rasch ab. Auch die Abhängigkeit vom Orientierungswinkel lässt sich gut demonstrieren.

Horst, du hast aber natürlich recht, dass die gemeinsame Montage von Sender & Empfänger nicht nur Vorteile hat. Über den Schalter lässt sich der Empfänger bequem deaktivieren. Da zeigt sich, dass der Sender den Empfänger durch die „integrierte“ Bauweise ein klein wenig stört: Man hört auch ohne zugeschalteten Empfängerschwingkreis ein leises Summen!
Aber: Parallelschalten eines Elkos (z.B. 100uF) zur Batterie dämpft das Störsummen deutlich. Die (offenbar nicht genügend stabile) gemeinsame Stromversorgung dürfte der Grund dafür sein.
Ich habe den Elko wieder weggelassen, da die Schaltung mir genau diesen Störeffekt demonstriert.

Noch etwas: Der Sender ist ein Sperrschwinger und erzeugt sägezahnförmige Schwingungen. Warum hat Philips nicht einen LC-Oszillator mit angenehm klingenden Sinusschwingungen entwickelt?
Zufällig habe ich mir letzte Weihnachten folgenden kleinen Funktionsgenerator zugelegt (http://www.elv.de/velleman-funktionsgen ... 1-mhz.html). Die Drossel (aus dem EE2003) angesteckt, und das kleine Teil „strahlt“ munter Sinus/Rechteck/Dreiecks-Schwingungen aus, die im Empfänger gut hörbar sind.
Hier zeigte sich, dass mit gleichen Amplituden die Reichweite von Sinusschwingungen am geringsten ist. Wie Monsieur Fourier gezeigt hat, sorgen hochfrequente Anteile für die Ecken (von Rechteck & Dreieck) in Schwingungen gegenüber einem Sinus mit der gleichen Periode. Das Experiment demonstrierte so für mich wunderbar, dass elektromagnetische Wellen bei gegebener Leistung mit höherer Frequenz eine größere Reichweite haben.

lg
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon Kosmonaut » 22. Mär 2013, 22:41

morric1 hat geschrieben:Das Experiment demonstrierte so für mich wunderbar, dass elektromagnetische Wellen bei gegebener Leistung mit höherer Frequenz eine größere Reichweite haben.


Ohne jetzt in meinem verstaubten Lehrbuch nach den Maxwellschen Gleichungen zu suchen, wage ich zu widersprechen. Solange die gesamte Leistung abgestrahlt wird, haben höhere Frequenzen einen geringeren Wirkungsgrad, da bei gleicher elektrischer Feldstärke (V/m) die Empfangsantenne immer kleiner wird (Lambda/2) und so immer weniger Spannung aus dem Feld herausgegriffen wird.

Sollte die Sende- bzw. Empfangsantenne nun nicht optimal angepaßt sein, sondern verkürzt, so kann sich die Situation ändern. Habe ich nur einen Stab von 1m Länge, bin ich eventuell in UKW-Bereich besser dran als auf der Langwelle. Werden gerichtete Antennen verwendet, kann es auch anders ausgehen. Mit Parabolspiegeln kann man kurze Wellen einfacher bündeln. Ein Parabolspiegel für Langwelle wäre etwas unhandlich.

Die Betrachtungen gelten für die direkte Ausbreitung. Wir alle wissen, daß man auf Kurzwelle mit Neuseeland telefonieren kann, auf UKW wird das schwierig.
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon Georg » 22. Mär 2013, 22:51

dass elektromagnetische Wellen bei gegebener Leistung mit höherer Frequenz eine größere Reichweite haben.


Vorsicht, vorsicht1
Es gibt hier zwei Probleme oder eines, da die erstgemeinten sehr nahe verwandt sind.
- zum Wesen/Begriff der elektromagnetischen Wellen. Zwischen zwei im Verhältnis
zur Wellenlänge so nahe benachbarten Induktivitäten gibt es keine Elma-Welle.
Elmawellen liegen frühestens einige Wellenlängen von einer Antenne entfernt vor,
dort etwa geht der Nahbereich (E-Feld gegen B-Feld 90°) in den Fernbereich über.
(Beide Feldkomponenten in Phase)
Hier ist die Rede von NF-Schwingungen (Wellenlänge zig Kilometer) bei Abständen von
Zentimetern. Das ist noch nicht einmal Nahbereich.
- Abstrahlung von Elmawellen erfordert Antennen, die in der Größenordnung von
1/4 Wellenlänge liegen. Die hier beteiligten Spulen/Trafos sind einfach um
mehrere Größenordnungen zu klein, um als Sende- bzw. Empfangsantennen im
Sinne elektromagnetischer Wellen zu wirken. Es liegt schlicht eine induktive Kopplung vor.
Es ist aber auch der Teil "bei gegebener Leistung" problematisch, denn
die Kopplung wird bei höherer Frequenz stärker, die Leistung nimmt mit der
Frequenz zu. Wäre das nicht so, dann nützten die Oberwellen nichts, denn deren
Amplitude wird umso geringer, je höher die Ordnung.

Übrigens hat Oliver Lodge einige Zeit vor Hertz Versuche dieser Art gemacht, wenn
das elektromagnetische Übertragung gewesen wäre, dann würde er als Entdecker der
elektromagnetischen Wellen in Lexika stehen.
Gruß
Georg

PS was die Ausbreitung betrifft, sofern man Elmawellen erst mal hat, gibt es keinen
Unterschied im leeren Raum. Die Amplitude nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab,
egal ob DCF 77 oder sichtbares Licht oder Gamma-Strahlung.

PSPS Der post hat sich mit dem von Kosmonaut zeitlich überschnitten.
Georg
 
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon morric1 » 22. Mär 2013, 23:49

Hallo Georg & Kosmonaut,

Dank für euer Feedback :thumb:

Ihr habt recht - bei den auftretenden Frequenzen (so wie der Summton klingt, müsste das kleiner 1kHz sein) sind die entsprechenden Wellenlängen dann ein wenig unhandlich... Kurzum: Hier spielt sich alles nur im Nahfeld ab! Hätte ich eigentlich noch wissen müssen... :oops:

Ok, dann muss ein neuer Erklärungsansatz her, dass die Reichweite bei "eckigen" Schwingungen vergrößert ist: Könnte das dann an einer besseren induktiven Kopplung mit der Empfängerspule (Philips verbaut hier die LW-Spule) liegen?

lg
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon Kosmonaut » 23. Mär 2013, 08:42

Georg hat geschrieben: Die Amplitude nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab, egal ob DCF 77 oder sichtbares Licht oder Gamma-Strahlung.


Die Intensität, Energie pro Fläche nimmt mit 1/r.r ab; die Amplitude (z.B. elektrische Feldstärke in V/m) nur mit 1/r. Sonst wäre die Reichweite der Radiosender viel kleiner.
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Re: Der Morsesender und Empfänger

Ungelesener Beitragvon Georg » 23. Mär 2013, 12:15

Hallo Kosmonaut,
richtig, man soll so spät nix kompliziertes mehr dichten :=)
Gruß
Georg
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